Seit dem die Stadt Wien im September 2018 eine neue Lagezuschlagskarte präsentiert hat wird in der Immobilienbranche , besonders unter
Hausverwaltern, heftig über deren Auswirkungen diskutiert.
Die Unsicherheit bei allen Beteiligten ist groß. Werden nun wirklich viele Mieten günstiger und müssen sich die Vermieter auf eine Flut an Mietzinsüberprüfungsverfahren einstellen? Wir haben versucht die wichtigsten Fakten zusammen zu tragen und Ihnen Antworten auf die drängendsten Fragen zu geben.
1) Was ist ein Lagezuschlag?Ein Lagezuschlag ist ein Zuschlag zum gesetzlich festgesetzten Richtwert der den Wert der Wohngegend widerspiegeln soll. Der Lagezuschlag ist somit die Differenz zwischen der gegenständlichen Lage und der durchschnittlichen Lage und wird in Euro/m2 ausgedrückt.
2) Wann kann ein Lagezuschlag vereinbart werden?
Bei Mietverhältnissen die dem Richtwert Mietzins unterliegen. Das sind Mietverträge über Wohnungen in Häusern die bis zum 8. Mai 1945 baubewilligt wurden sofern der Mietvertrag nach dem 1.3.1994 abgeschlossen wurde. Die Vereinbarung hat schriftlich zu erfolgen und ist entsprechend zu begründen. In Gründerzeitviertel ist ein Lagezuschlag generell ausgeschlossen.
3) Was sind Gründerzeitviertel?Das sind Gegenden mit einem überwiegenden Gebäudebestand der in der Zeit von 1870 bis 1917 errichtet wurde und mehrheitlich Wohnungen beinhaltet die zum Zeitpunkt der Errichtung klein und mangelhaft ausgestattetet waren.
4) Wie war die Situation bisher?Bis zu einem höchst umstrittenen OGH (oberster Gerichtshof) Urteil im Jänner dieses Jahres orientierte sich der Lagezuschlag vor allem am Grundkostenanteil (GKA). Diesen berechnet man in dem man den (fiktiven) Kaufpreis des Grundstücks durch die erzielbare Nutzfläche dividiert. Der GKA ist also jener Preis des Grundstückes der auf 1 m2 NFL entfällt. Dieses einigermaßen nachvollziehbare und objektive Kriterium hatte sich als Berechnungsgrundlage eigentlich bewehrt.
5) Was hat sich nun geändert?
Der OGH stellte in seiner aktuellen Entscheidung (5 Ob74/17v) nun fest, dass sich die Überdurchschnittlichkeit einer Lage nicht schon allein aus einem gegenüber einer Durchschnittswohnung höheren Grundkostenanteil ergeben kann. Es bedarf vielmehr einer Prüfung, ob im konkreten Einzelfall die Wohnumgebung nach der allgemeinen Verkehrsauffassung besser als die durchschnittliche Lage ist. Diese doch eher subjektive Kategorisierung soll anhand von Faktoren wie der öffentlicher Infrastruktur, Nahversorgung, Gesundheits- und Bildungsinfrastruktur sowie Grünraum erfolgen.
6) Lagezuschlagskarte der MA 25Die Magistratsabteilung 25 hat versucht die aktuelle Entscheidung des OGH in ihre neue Lagezuschlagskarte einzuarbeiten, ist damit aber nach überwiegender Auffassung gescheitert. Die neue Lagezuschlagskarte führt teilweise zu völlig absurden Ergebnissen. So soll in weiten Teilen des 6.-9. Bezirks kein Lagezuschlag mehr gelten, in stark befahrenen Gegenden des 12. Bezirks aber schon. Dies widerspricht sicherlich der allgemeinen Verkehrsauffassung und auch dem Bauchgefühl der meisten Wienerinnen und Wiener.
7) Wie soll es nun weiter gehen? Die Verunsicherung ist bei allen Beteiligten zu Recht groß. Vor allem die Vermieter fürchten sich vor einer Welle an Schlichtungsstellenverfahren mit ungewissem Ausgang. Aus weiten Teilen der Immobilienbranche kommt daher der Ruf nach einer Novellierung der entsprechenden Regelung um endgültig für Rechtssicherheit zu sorgen. Im aktuellen Regierungsprogramm ist eine Abschaffung der Gründerzeitviertel (siehe oben) bereits vorgesehen, daher ist es durchaus denkbar, dass auch die Regelung betreffend der Berechnung des Lagezuschlages im gleichen Zug adaptiert wird.