Die neue österreichische Bundesregierung hat in ihrem Regierungsprogramm eine Vielzahl von Maßnahmen für den Immobilien- und Wohnsektor festgeschrieben. Von leistbarem Wohnen über Baukonjunktur bis hin zur Bodenpolitik und Dekarbonisierung – es gibt zahlreiche Punkte, die künftig umgesetzt werden sollen. Doch was bedeuten diese Maßnahmen für die Branche? Ein kritischer Blick auf die Vorhaben zeigt Licht und Schatten.
Die Bundesregierung betont die Wichtigkeit leistbarer Mieten und plant Maßnahmen zur Dämpfung der Wohnkosten. Unter anderem soll eine neue gesetzliche Wertsicherung geschaffen werden, die Mieterhöhungen deckelt. Für bestehende regulierte Mietverhältnisse (Altbau) ist eine Indexierung für 2025 ausgesetzt und für die Folgejahre stark begrenzt. Zusätzlich soll die Mindestbefristung von Wohnungen von 3 auf 5 Jahre erhöht werden.
Kritikpunkt: Mietpreisdeckelungen sind ein beliebtes politisches Mittel, um kurzfristig Kosten zu senken, doch sie lösen nicht das Hauptproblem: den Wohnungsmangel. Wenn Mietpreise künstlich niedrig gehalten werden, schrumpft die Bereitschaft privater Investoren, in bestehenden Wohnraum zu investieren. Gleichzeitig steigen die Preise im unregulierten Neubausektor weiter an – ein paradoxes Ergebnis, das langfristig zu noch weniger bezahlbarem Wohnraum führen kann. Auch die Verlängerung der Mindestbefristung von Wohnungen ist kritisch zu sehen, da dadurch die Flexibilität zusätzlich eingeschränkt wird.
Die Stärkung der Baukonjunktur ist ein erklärtes Ziel. Vorgesehen sind die Wiedereinführung der Zweckbindung der Wohnbauförderung, die Vereinfachung von Bauverfahren sowie eine Reduktion kostentreibender Vorschriften. Zudem soll die Sanierung von Altbauten gefördert werden.
Kritikpunkt: Auch wenn die Initiative zur Vereinfachung von Bauverfahren begrüßenswert ist, bleiben zentrale Fragen offen. Es gibt keine klaren finanziellen Anreize für großflächigen Neubau, keine konkreten Steuererleichterungen für Investoren und keine konkreten Maßnahmen, um den bürokratischen Aufwand bei Neubauprojekten massiv zu senken. Ohne starke Investitionsanreize wird das Wohnraumangebot kaum steigen, was wiederum zu weiter steigenden Preisen im unregulierten Mietmarkt führen wird.
Die Regierung plant eine nachhaltige Bodenpolitik, um einerseits den Flächenverbrauch zu reduzieren und andererseits ungenutzte Flächen für den Wohnbau zu aktivieren. Öffentliche Grundstücke sollen vorrangig im Baurecht vergeben werden, um den Zugriff der öffentlichen Hand langfristig zu sichern.
Kritikpunkt: Während nachhaltige Bodenpolitik wichtig ist, fehlen klare Anreize für private Bauträger. Gerade in Ballungszentren ist es essenziell, Bauland zu mobilisieren und nicht primär auf staatliche Akteure zu setzen. Eine zu strikte Regulierung könnte Investoren abschrecken und den dringend benötigten Neubau weiter verzögern.
Um jungen Menschen den Erwerb von Wohneigentum zu erleichtern, plant die Bundesregierung die Einführung eines bundesweiten Wohnbaukreditprogramms mit günstigen Finanzierungsmöglichkeiten. Zudem wird die Abschaffung der staatlichen Nebengebühren für den Ersterwerb geprüft.
Kritikpunkt: Diese Maßnahmen sind zwar ein Schritt in die richtige Richtung, doch die steigenden Immobilienpreise bleiben eine große Hürde. Ohne eine massive Ausweitung des Angebots durch Neubauten bleibt Eigentum für viele unerreichbar – unabhängig von Finanzierungsprogrammen.
Die vorgestellten Maßnahmen sind größtenteils darauf ausgerichtet, bestehende Mietverhältnisse im Altbau günstiger zu gestalten und den Bauprozess zu optimieren. Doch das eigentliche Problem – der Mangel an Wohnraum – wird kaum effektiv adressiert. Ohne starke Investitionsanreize für Neubauten und eine echte Deregulierung bleibt das Angebot an Wohnungen knapp, und die Preise im Neubausektor könnten weiter in die Höhe schnellen.
Trotz berechtigter Kritik gibt es auch positive Aspekte. Die Digitalisierung von Bauverfahren, die Förderung nachhaltiger Sanierungen und die Unterstützung von jungen Menschen beim Eigentumserwerb sind vielversprechende Ansätze. Wenn es gelingt, Investitionen in Neubauprojekte attraktiver zu machen und bürokratische Hürden konsequent abzubauen, könnte sich der Wohnungsmarkt langfristig entspannen.
Für die Immobilienbranche bleibt zu hoffen, dass die Regierung erkennt: Eine Marktregulierung allein schafft keinen neuen Wohnraum. Ohne Neubau und Investitionen werden die Herausforderungen am Wohnungsmarkt nicht gelöst – doch noch ist es nicht zu spät, die Weichen richtig zu stellen.
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